Cindy Shermans inszenierte Selbstporträts

Ihre Fotografien sind aus keiner wichtigen Sammlung mehr wegzudenken. Mit ihren Selbstporträts prägt sie die künstlerische Fotografie und den Kunstmarkt seit Jahrzehnten. Ihren eigenen Körper als Bildträger benutzend adaptiert Cindy Sherman weibliche Rollenbilder aus Filmen, Modemagazinen, der Werbung oder der Kunstgeschichte. Vor drei Jahren widmete ihr das MoMa in New York eine große Retrospektive. Die Sammlung Goetz, die umfangreiche Werkgruppen aus fast allen Schaffensphasen besitzt, zeigt in der über zwei Etagen angefüllten Ausstellung die Entwicklung der Künstlerin in den vergangenen vierzig Jahren. „Ich war ein Kind, das immer fernsah und dabei etwas anderes machte“, erklärt Sherman. So manifestiert sich bereits früh eine Obsession für Verkleidung und Maskerade, die sie später während ihres Studiums am State University College in Buffalo weiterverfolgt. Mitte der Siebziger Jahre eröffnet sie ihre Bühne mit einer Serie von Schwarzweiß-Fotografien weiblicher Rollenbilder – vom trotzigen Kind über die Sekretärin bis zum Marlene-Dietrich- Typ. Ähnlich wie eine Schauspielerin inszeniert sie sich von da an in unterschiedlichen Rollen vor der Kamera, setzt sich mit weiblichen Rollenbildern und deren Klischees auseinander….

Malen mit der Schere

„Mein größtes Unglück wäre“, bekannte der große Neuerer der Kunst des 20. Jahrhunderts um 1938, „wenn ich einmal von Krankheit genesen, keine Lust mehr zum Arbeiten hätte.“ Die Unlust kam, die Krankheit auch. „Am Boden zerstört, völlig entmutigt“, erlitt Henri Matisse 1940 erstmals eine künstlerische Krise: „Ich bin von etwas Gewöhnlichem gelähmt, das mich davon abhält, mich … in der Malerei so auszudrücken, wie ich es gerne möchte.“ Im Jahr darauf stellten sich Koliken ein. Matisse barmte um „die drei oder vier Jahre, die ich noch brauche, um mein Werk zu vollenden“. Als die Ärzte das Schicksal des Kranken in die Hand nahmen, überlebte Matisse zwei schwere Darmoperationen. Obschon danach oft ans Bett oder den Rollstuhl gefesselt, blieben ihm noch fast 14 Jahre, um Neues zu versuchen. Er lernte „mit der Schere zu zeichnen“, entwickelte das grandiose Alterswerk der Papierschnitte. Die Technik, so erklärte Matisse 1951, „erlaubt es mir, Farbe direkt einzusetzen. Es ist für mich eine Vereinfachung. Statt einen Umriss zu zeichnen und diesen mit Farbe zu füllen, zeichne ich direkt in Farbe.“ Bis zu seinem Tod entstanden so mehr als 200 solcher „gouaches découpées“. Die Galerie Tate Modern in London präsentiert mit rund 130 Werken die bisher größte Schau der Papierschnitte, die Matisse noch in hohem Alter in den letzten 17 Jahren seines Lebens schuf….