Berühmt wurde er als Sänger der Beatles. Der geniale Musiker und Rockrebell hat Millionen Menschen mit seinen Songs bewegt und Generationen politisch inspiriert. Mit den Beatles schrieb John Lennon in den 1960er Jahren Musikgeschichte. Auch als Solokünstler blieb sein Erfolg mit Alben wie „Imagine“ ungebrochen. Gleichzeitig forderte er als politischer Aktivist zunehmend die Öffentlichkeit heraus und engagierte sich leidenschaftlich gegen den Krieg. Sein Leben und Werk pendeln zwischen den Leitmotiven Liebe und Politik, zwischen privater Intimität und öffentlichem Protest. Der 1940 in Liverpool geborene Künstler begann zu zeichnen, lange bevor er zur Gitarre griff. Er schrieb schon als Kind Gedichte und Kurzgeschichten, die er durch selbst gestaltete Illustrationen ergänzte. Sehr prägend waren seine Studienjahre am College of Art in Liverpool. Dort entstanden bereits zahlreiche Zeichnungen von skurrilen, blitzschnell geschaffenen Karikaturen und farbig gestalteten Comics. Im Alter von 24 Jahren zeigt Lennon sich erstmals von seiner radikal-anarchischen Seite: Zeichnungen und literarische Fundstücke voll Absurditäten, satirisch und sehr britisch. „Nichts davon braucht sinnvoll zu sein, und wenn es Spaß macht, so ist es genug“, meinte Lennon selbst. An diese Ausflüge in die Literatur knüpft das Günter-Grass-Haus in Lübeck mit einer Sonderausstellung an.
Archiv der Kategorie: Ausgabe 2 | 2013
Parodie poetischer Maschinen
„Die Absurdität, die verrückte selbstzerstörerische, repetitive, spielerische, sisiphusartige Seite der Maschinen, die eingesperrt sind in ihr Hin und Her: Ich denke, dass ich ziemlich gültig an dieser Gesellschaft teilnehme. Sagen wir: Meine Arbeit gibt dazu einen gepfefferten und satirischen Kommentar ab, in den viel Doppelsinniges, Zweideutiges und Hintergründiges eingeht“ – so interpretierte der Erfinder der kinetischen Kunst, Jean Tinguely (1925-1991), sein Werk einmal selbst. Sein Schaffen ist von zahlreichen einschneidenden Entwicklungen geprägt. Sie zeigen eine Offenheit, mit der er seine Kreativität am Kunstgeschehen auslebte und eigenwillig mitgestaltete. 1960 begann er, Aktionen und Happenings mit einer durch Objets trouvés zu verbinden, um die toten Abfallprodukte der Konsumgesellschaft zu neuem, eigensinnig-absurden , oft nur kurzem Leben zu erwecken. Das erste sich selbst vernichtende Kunstwerk überhaupt, „Homage to New York“, weist dramatisch und spektakulär auf das Potential der Zerstörung der Welt, die politisch und gesellschaftlich mit dem Kalten Krieg drohte. In einer großen Retrospektive im Museum Tinguely in Basel wird das Œuvre Tinguelys auf einer Fläche von über 3000 Quadratmetern präsentiert.
Mona Lisa des 20. Jahrhunderts
Erstmals ist das farbgewaltige Werk des Magnum-Fotografen Steve McCurry hierzulande im Museum mit dem Fokus auf Asien zu sehen. Weltweite Berühmtheit erlangte der Amerikaner, als er 1979 zur Zeit der sowjetischen Invasion die Grenze von Pakistan nach Afghanistan, als Mujaheddin-Kämpfer verkleidet, überwand. Nach einigen Wochen hinter der Kamera nähte er die Filmrollen in seine Kleidung ein und schmuggelte sie nach USA zurück. So entstanden die ersten Aufnahmen aus dieser Konfliktregion, die international veröffentlicht wurden. McCurrys Bilder wirken auf den ersten Blick arrangiert. Doch er greift nicht ein „in den Fluss der Zeit“. Er hält lediglich fest, was der Moment ihm bietet. Wie grausam-schön die Inszenierungen der Realität sein können, die er vorfindet, wird vor allem in seinen Kriegsbildern deutlich. In einer separaten Kammer sind jugendliche Landminenopfer an Krücken, Bilder verkohlter Soldaten oder Kamele vor den brennenden Anlagen Kauwaits im Golfkrieg zu sehen, die statt Wasser zu finden, Öl trinken und daran verenden. Das Porträt eines afghanischen Mädchens, das McCurry in einem pakistanischen Flüchtlingslager 1984 fotografierte, gehört inzwischen zu den berühmtesten Bildern der Dokumentarfotografie. Als „Mona Lisa des 20. Jahrhunderts“ ging es um die Welt. Siebzehn Jahre später hat McCurry das Mädchen, inzwischen eine durch Angst und Entbehrungen verhärmte Frau, wieder aufgespürt und fotografieren können. Die im Museum Wolfsburg nebeneinander hängenden Bilder verdeutlichen exemplarisch das schmerzvolle Schicksal der Geschichte Afghanistans.
Kunst als Retterin der Welt?
Das Motto „Ja natürlich – wie Kunst die Welt rettet“ steht über einer Schau im Gemeentemusuem in Den Haag. Die Ausstellung hat den hohen Anspruch, einen kulturellen Wandel herbeizuführen, der den Umgang der Menschen mit ihrem Heimatplaneten verbessern hilft. „Durch Recycling und innovative, nachhaltige Zusammenarbeit können wir die Erde retten“, lautet das hehre Ziel. An die 80 internationale Künstler liefern mit ihren Werken neue und unkonventionelle Botschaften, die sich auf eine Vernetzung zwischen Menschen, der Natur und technischen Errungenschaften konzentrieren – auf spielerische Weise. So interessiert sich die 1973 geborene Finnin Tea Mäkipää für die „Schutthalden der Menschheit“. Es geht ihr um ethische Fragen des Handelns, um die Verantwortung für das, was die Lebensgrundlagen dieses Planeten ausmacht. Der von ihr in Den Haag installierte „Petrol Engine Memorial Park“, in dem Autos unter dichtem Pflanzenbewuchs wie auf einem paradiesischen Friedhof verharren, soll als zukünftige Vision an die vergangene Ära der Benzinschleudern erinnern. Die Verknappung des Erdöls ist auch das Thema von Ai Weiwei. Seine schwarzen Öltropfen aus Porzellan (= auf Englisch „China“) sind eine ironische Anspielung auf sein Land China, eine aufsteigende Weltwirtschaft, die vom Erdöl zunehmend abhängiger wird. Die surreale Skulptur der Wasserpflanze „Victoria Regia“ von Keith Edmier wechselt ihr Geschlecht in der Blüte binnen 24 Stunden von männlich zu weiblich. Ob das mit den echten Pollen, die der Künstler auf die Polyesterblüten streut, auch gelingt?
Arabische Grenzgängerinnen
Im Zuge des „Arabischen Frühlings“ befindet sich die Region südlich des Mittelmeers in einem Umbruch, der von Europa mit großem Interesse, aber auch mit Hoffnung und Skepsis verfolgt wird. Viele der auf einer Ausstellung in Karlsruhe vertretenen Künstlerinnen haben längere Zeit im Ausland verbracht, einige leben dort oder pendeln zwischen verschiedenen Ländern. Die 1967 in Tunis geborene Faten Rouissi versteht ihre künstlerische Arbeit immer als politisch-sozialen Prozess. Mit ihren Skulpturen, Installationen, Performances und Videos interveniert sie seit den 90er Jahren im Öffentlichen Raum. Zugespitzt haben sich ihre Arbeiten im Vorfeld de tunesischen Revolution, vor allem aber in der Umbruchphase selbst. International bekannt wurde sie mit den Happenings „Art dans la rue – Art dans le quartier“. Über Facebook appellierte sie an bildende Künstler, Sprayer und Aktivisten, die ausgebrannten Autowracks der Herrscherfamilie zu Symbolen der Befreiung umzugestalten. Als ein Live-Event zur Eröffnung einer Ausstellung in Karlsruhe wird die Künstlerin selbst ein Autowrack in ein Freiheitssymbol verwandeln. Bedrohung, Gewalt und Exil kennzeichen das Werk der Libanesin Mona Hatoum. Ihre Objekte und Installationen sollen provozieren, den Betrachter attackieren, seine Unversehrtheit bedrohen. Dagegen wirkt ihre Skulptur „Bourj II“ von 2011 auf den ersten Blick harmlos. Doch kann diese aus brüchigem Fußstahlrohr gefertigte Plastik auch als Symbol für Kriege hervorbringende Gewalt verstanden werden – so jene infolge des armenischen Völkermords. Die Einwohner des Beiruter Vorortes Bourj Hammond – analog zum Titel der Plastik – sind Nachkommen von Überlebenden der Todesmärsche in Anatolien.
Intuitive Imaginationen
„Ich versuche, dahin zu kommen, dass ich schneller bin als mein Denken“, beschreibt die japanische Künstlerin Leiko Ikemura ihren Impetus bei der Arbeit. Seit Mitte der 1990er Jahre hat sie ihr Sujet gefunden: in sich versunkene anonyme Figuren, schemenhafte weibliche Wesen und kosmische Landschaften, die in einen unendlich Raum weisen. Ikemuras Gestalten bewohnen eine elementare Welt aus Licht und Farbe, Land und Meer. Landschaftliche Formen interpretiert sie anthropomorph, Gesichter und Felsen verschmelzen bei ihr zu hybriden Naturbildern. „Wellen, Wind, Wesen“ sind wiederkehrende Motive und auch Titel einer ihrer Künstlerbücher. Als Prinzip von Werden und Vergehen, der ewigen Metamorphose des Seins, die in Abhängigkeit von der Natur auch bedrohlich sein kann, erlangen die Werke von Ikemura in Hinblick auf die Ereignisse in Japan von vor zwei Jahren eine besondere Bedeutung. So hat sie auch die Frage der Bedeutung von Kunst in Zusammenhang mit der Katastrophe von Fukushima in von ihr organisierten Ausstellungen diskutiert.
Das Drama der Meere
Oft hat Elisabeth Mann Borgese davon erzählt, wie sie mit ihrem Vater am Meer stand. „Das ist der Horizont“, erklärt der Vater. „Und was kommt hinter dem Horizont?“ fragt die Tochter. Das Meer, das Thomas Mann liebte und dessen Motivwelt in seinem Werk eine zentrale Rolle spielt, wird für seine jüngste Tochter zum Lebensinhalt. Sie, die ursprünglich Konzertpianistin werden wollte, kämpft für eine gerechtere Welt und zugleich für die Weiterführung des literarischen Erbes ihres Vaters. Im Zentrum ihrer späteren Interessen steht der Schutz und die Erforschung der Ozeane. Zehn Jahre nach dem Tod von Elisabeth Mann Borgese (1918-2002) gewährt eine erste große Ausstellung im Literaturhaus München Einblicke in ihr Leben, Werk und Wirken. Erstmals wurde dabei ihr Nachlass ausgewertet, der im Archiv der Universität von Halifax liegt und sich auch auf Dokumente aus der Münchner Monacensia und dem Deutschen Literaturarchiv in Marbach stützt. Als erstes weibliches Mitglied des Club of Rome engagiert sich EMB als Initiatorin der Pacem in Maribus (Frieden auf den Meeren)-Konferenzen und wird Gründerin des Internationalen Ozean Instituts auf Malta sowie Mitglied der österrechischen Delegation bei der UN-Seerechts-Konferenz. Wie hochaktuell die Berichte von EMB an den Club of Rome bis heute sind, zeigt der folgende Ausschnitt: „Einerseits jammern wir über die Knappheit der Rohstoffe, andererseits schmeißen wie sie einfach ins Meer … Verschmutzung ist nur das Maß der Misserfolge unserer wirtschaftlichen, sozialen und politischen Systeme. Wie wir unsere Umwelt zerstören, zerstören wir uns selber. Auch homo sapiens steht auf der Liste der gefährdeten Lebewesen.“